Wundert sich wirklich noch jemand?

Nachdem doch deutlich wurde, dass ob türkischer Wahlkampfveranstaltungen die ganz große Begeisterung hierzulande nicht aufkommen will, hat sich unser Tayyip mal wieder mächtig ins Zeug gelegt. Dieses Mal sieht er die AKP von bösen Deutschen mit „Nazi-Methoden“ gegeißelt. Die Tatsache, dass seit ein paar Tagen ein deutscher Journalist in der Türkei gesiebte Luft atmet, hilft der Popularität Erdogans jetzt auch nicht erheblich weiter.

Und was machen die Deutschen? Sie regen sich einmal mehr auf – alle Schmierblätter sind voll von Wutgeheul und Krokodilstränen, da werden Umfragen publiziert, Interviews mit empörten Politikern quer durch die Parteienlandschaft geführt, kurz: Das Volk ist sich einig wie lange nicht. So kann es nicht weitergehen!

Die Mundwinkel unserer phlegmatischen Zonenwachtel sollen unbestätigten Gerüchten zufolge um fast zwei Millimeter tiefer gehangen haben, was angesichts der üblichen Zementfassade schon einen erheblichen Gefühlsausbruch darstellt.

Faktisch jedoch passiert nichts. Der Ex-Knasti vom Bosporus macht was er will, und unsere „Volksvertreter“ erstarren wie das Karnickel vor der Schlange. Anstatt sich mal deutlich zu positionieren lässt man diese Gelegenheit einmal mehr verstreichen. Nach dem Schlag auf die rechte Wange bietet man nicht nur die linke, sondern auch gleich beide Arschbacken an, falls Tayyip nochmal zulangen will.

Es mag in Berlin noch nicht so richtig angekommen sein, aber mit so einer Politik fördert man Populisten. Mit der Wärme, die gerade durchs Händereiben bei der AfD entsteht, kann man das ganze Regierungsviertel einen Winter lang heizen. Soll mir keiner hinterher kommen und behaupten, man hätte das nicht gewusst.

Es ist natürlich viel einfacher, einem Trump hinterher zu kläffen, weil es den in der Regel einfach mal nur sehr bedingt interessiert, was das alte Europa von ihm hält – außerdem ist seine Aufmerksamkeitsspanne bekanntlich begrenzt. Kleine Menschen widmen sich eben kleinen Problemen. Oder Problemen, die man selbst gemacht hat. Wir (d.h. unsere gewählten Vertreter) basteln uns gerade ein neues. Oder zwei. Und beide sind zu groß für die, die sie lösen sollen.

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